Hallo Gemeinde und Fans der Rhombus-Fahrzeuge,
nach 2 Jahren Fahrpraxis mit (m)einem nigelnagelneuen Austral Iconic Esprit Alpine E-Tech Full Hybrid 200 (welch verheißungsvolle Fahrzeugbezeichnung) möchte ich hier ne „nette“ Story aus der Abteilung Brauch-Ich-Nich zum Besten geben. Gleich vorweg: ich bleibe trotzdem (nach nun 35 Jahren) bei dieser Automarke und ich liebe mein aktuelles Modell noch immer. Was ist passiert? Hier die Kurzfassung meiner 6-wöchigen Leidensgeschichte:
26. Juni: Ablauf der 2-jährigen Fahrzeuggarantie mit ca. 40.000 km Laufleistung auf der Uhr...
02. Juli: auf der Fahrt in den Urlaub (!!!) nach ca. 180 km Fahrt am Stück im gemäßigten Chill-Modus und ohne irgendwelche spürbaren Veränderungen oder Abnormitäten des Fahrverhaltens plötzlich rotes, alarmbeschalltes Meldungsfenster „RISIKO GETRIEBESCHADEN“ mit roter Schraubenschlüssel-Kontrollleuchte (= sofort anhalten). Panik, Stopp auf Standstreifen, Motor aus, Haube auf, alles auf Sichtkontrolle, NICHTS. Nach 10 Minuten Pause vorsichtiger Neustart ohne Fehlermeldung und langsame Weiterfahrt bis zur erneuten Warnung nach einigen Kilometern. Wieder Stopp, erfolglose telefonische Rücksprache zwecks erster Ferndiagnose mit dem Meister meiner Vertragswerkstatt, kein bekannter Fehler, abkühlen lassen, Flüssigkeitsstände kontrollieren, nach Leckage unter dem Fahrzeug schauen, wenn weiter auftritt, dann besser abschleppen, Urlaub adieu! Das Spiel wiederholte sich bis zur Ankunft am Urlaubsort noch 3x...
03. bis 08. Juli: tägliche Kurzstreckenfahrten am Urlaubsort ohne Vorfälle oder Auffälligkeiten...
09. Juli: Rückfahrt nach Hause, nach 150 km geht’s wieder los, ca. 250 km lagen da noch vor mir, also Anhalten, Assistance angerufen, abschleppen zum nächsten Vertragshändler, kurzer Checkup ohne Ergebnis, Motorstart ohne Fehlermeldung, Fahrt mit einer weiteren Unterbrechung auf eigene Gefahr nach Hause fortgesetzt, um das gute Stück am nächsten Tag in meiner Heimwerkstatt vorzustellen, nach wie vor bis dahin ohne für mich spürbare Änderungen am Fahrverhalten (Start, Stopp, Gangwechsel, Laufverhalten)...
10. Juli bis 12. August: 5-wöchiger Krankenhausaufenthalt des Patienten in zwei Kliniken (sprich Werkstätten) mit Totaloperation am offenen Herzen...
13. August: Rückgabe des Fahrzeugs mit komplett neuem Getriebe und einiger peripher notwendiger Teile (u.a. der Schwungmassenausgleichsbaugruppe) aufgrund einer unnatürlichen Geräuschkulisse der Antriebseinheit beim Zuschalten des Verbrenners, die sich von mir als alleiniger Fahrer und ohne Vergleich mit einem ähnlichen Fahrzeugtyp unbemerkt entwickelt hatte, an der man zunächst mittels Softwareupdate diverser Steuergeräte über eine Woche lang rumdokterte und (jetzt kommts!) einem erhöhten Späneaufkommen beim dann folgenden Ablassen des Getriebeöles! Alle Arbeiten erfolgten nach Anweisungen und Entscheidungen seitens der per Mail kontaktierten Renault-Technikabteilung...
Okay, Pech gehabt, Montagsauto... eigentlich aber Glück gehabt, denn meine Frau und ich sind heile geblieben. Einen richtigen Getriebecrash mit blockieren bei 160 Sachen auf der Autobahn mag ich mir nicht ausmalen. Immerhin hat also irgendein Sensor das Grummeln im Bauch bemerkt und diese heftige Warnung an den Fahrer signalisiert. Okay muss halt das „Teilchen“ getauscht werden. Die Zahlen auf dem vorgelegten Kostenvoranschlag lauteten dann 21.253 € Reparaturkosten, davon allein 17.811 € Materialanteil für das neue „Teilchen“ und 30% Kostenübernahme durch mich als Kunden, weil - der aufmerksame Leser wird’s erahnen - das gute Stück seit 5 Tagen (!!!) aus der Garantie raus war. Da wird dann ohne Ursachenforschung schlicht in eine Tabelle geschaut, wie viele Kilometer das „Hochleistungsgetriebe“ absolviert hat – immerhin sagenhafte 40.000 und damit noch 20.000 vor dem ersten Getriebecheck laut Wartungsliste überhaupt – und da stehen halt jene festgelegten 30% Kundenanteil und das macht dann eben mal schlappe 6.375 € Reparaturkosten für den Fahrer, der das arme Getriebe tatsächlich zum Fahren eines Autos benutzt hat und das ganze zwei (!!!) Jahre nachdem er 45.600 € in seine Anschaffung investiert hat! Punkt, Aus, Ende der Diskussion...
1. Erfahrung: Werkstatt
sowohl der Niederlassungsleiter als auch der Meister waren sich einig: das ist ne Sache komplett für den Hersteller mit dem Rhombus und nach dem ernüchternden Ergebnis dann aber echt sehr bemüht, alles für mich als Marken- und Händlertreuem Kunden zu tun, um meinen Glauben an die Technik nicht komplett zu erschüttern. Allerdings sind sowohl Händler als auch Werkstatt in ihren Entscheidungen einem ordentlichen Knebel seitens des Markenriesen unterworfen und haben nicht wirklich einen signifikanten Handlungsspielraum. Der Händler- und Werkstattverbund (CarUnion) machte mir am Ende dann ein „straff gerechnetes“ überarbeitetes Eigenanteilangebot (unter Einrechnung ihrer komplett zur Verfügung stehenden Kulanzmarge, wie man mir versicherte) in Höhe von 4.200 €, einschließlich Übernahme der kompletten Kosten für den zwischenzeitlichen Mietwagen (war ebenfalls ein Austral, mit dem ich immerhin 4,5 Wochen und fast 1.500 km fahren durfte). Okay, angenommen und abgehakt...
Die endlosen Telefonate, Aufreger, Diskussionen und Nerven meiner Frau dazwischen möchte ich hier gar nicht aufschreiben. Nur so viel als Ergänzung: natürlich habe ich auch in zwei längeren telefonischen Beratungen mit einer Verkehrsrechtsschutz-Anwältin (Autoclub) den Klageweg in Erwägung gezogen. Okay, nicht angenommen und auch abgehakt. Wer dazu näheres wissen will, kann sich direkt an mich wenden. Führt hier zu weit. Aber eine weitere Erfahrung will ich euch nicht vorenthalten:
2. Erfahrung: Renault Kundenbetreuung (erstmalig kontaktiert in meinem Renaultleben)
das ist eine Stelle, an die sich nur Kunden wenden können, wenn sie mit etwas (was auch immer das sein könnte) ihren Renault betreffend, nicht zufrieden oder einverstanden sind. Die Werkstatt darf das nicht, hat man mir versichert. Mein erster Info-Anruf endete noch mit der Aussage: Ja, da sind sie richtig. Wenn sie den Kostenvoranschlag bekommen haben, wenden sie sich wieder an uns, wir stellen dann bei der Renault-Garantieabteilung einen Kulanzantrag.
Ich hatte diesbezüglich mit meinem technischen Verständnis (habe Maschinenbau studiert) zu bedenken gegeben, dass ein solcher Komplettgetriebeschaden dieses Ausmaßes – ich bezeichnete das „Teilchen“ quasi als Herzstück des Wagens - doch unmöglich durch ein plötzliches Initialereignis (von dem ich und auch die Werkstatt während der Fahrten überhaupt nichts bemerkt haben) von jetzt auf gleich und genau 5 Tage nach Ablauf der Garantie (erste Warnmeldung für den Fahrer, siehe oben) eigetreten sein könne und mit Hinweis auf den ordentlichen Neupreis des Autos einfach unzumutbar und unverhältnismäßig sei. Der Wagen ist dazu, wie man so schön sagt, checkheftgepflegt, d.h. alle vorgeschriebenen Wartungsintervalle wurden eingehalten und vom Vertragspartner ausgeführt.
Kurz und (nicht) gut, das Ergebnis des abschließenden zweiten Gespräches mit eben jener Kundenbetreuung waren unter anderem folgende Aussagen: Garantieende ist Ende der Garantie, völlig egal ob 1 Tag oder 1 Monat danach und ob der Schaden in der Zeit davor (also während der Garantie) schleichend sich entwickelt hat, ist meine Theorie, die ich nachweisen müsste und ich solle doch froh sein, dass der Hersteller sich mit einer 5-stelligen Summe an den Kosten beteiligt, denn Kulanz gibt es gesetzlich nicht, dass ist eine freiwillige Leistung und setzte noch eins drauf: ich hätte doch beim Kauf die Möglichkeit der erweiterten Garantie in Anspruch nehmen können. Die Frage danach hatte ich mit der Begründung verneint, dass ich bei meinen 5 Vorgängerfahrzeugen dies 3x in Anspruch genommen hatte, nie gebraucht habe (weiß nicht, wieviel ich da letztendlich in Summe zusätzlich berappt habe, hätte sicher für’s neue Getriebe gereicht) und deshalb in meiner Wertschätzung der bislang erfahrenen Zuverlässigkeit eines Renault-PKW darauf verzichtete. Ja so iss es Leute, ob eine Versicherung was taugt, weißt du auch erst im Versicherungsfall und meine Interpretation des Wortes Kundenbetreuung und die Erwartungen daran waren wohl ziemlich naiv.
Ende des Erfahrungsberichtes. Hab ihn wieder meinen Roten und fahre ihn, wie gesagt, noch immer sehr gerne. Der Ersatzwagen war übrigens ein Austral Mildhybrid in Grundausstattung, also ohne die zahlreichen Annehmlichkeiten meines Nobelhobels (Head-Up Display, Matrix LED Vision, adaptiver Tempomat, elektrische Sitze und Kofferraumklappe mit Fußbedienung, großes Navidisplay, 4Control advanced... u.a.), so dass ich nach dieser fast 6-wöchigen Abstinenz und trotz erheblichem Wutpotenzial wieder erwartungsfroh in meinem rollenden französischen Wohnzimmer Platz genommen habe. Die ersten 1.000 km nach seiner „Herztransplantation“ liefen gut, ohne Probleme und mit softigen, flüssigen Schaltvorgängen. Aber das war nach dem Neukauf auch so. Ob ich mich unsicher fühle? Nach den Gesetzen der Statistik ist nicht mit einem erneuten Totalausfall des gleichen Teiles zu rechnen, aber er hat ja noch paar mehr „unwichtige“ Teile in seinem Innersten! Grins und toi, toi, toi. Ach ja, der Tempomat ging nicht mehr nach der Behandlung, aber da will sich die Werkstatt nächste Woche drum kümmern.
Gute Fahrt euch allen weiterhin und Dank an alle fleißigen Forumsschreiber, ich habe schon ne Menge guter Hinweise in den zurückliegenden beiden Jahren meines Austral-Fahrzeuglebens hier rausnehmen können.